screenshot-2016-11-01-13-47-14Lesen Sie mal. Und lesen Sie bitte noch einmal. Warum Sie das tun sollen? Sie sind desorientiert? Nun, hier geht es um ein kleines Beispiel dafür, was ich im Autoren-Workshop am 28. Januar 2017 ansprechen werde. Sie wollen sich erst einmal grundsätzlich über den Workshop informieren? Dann bitte hier klicken.

Von vorne, also. Lesen Sie bitte noch einmal! Was haben wir? Ermittler kommen an den Tatort. Ihnen bietet sich ein grausames Bild. Wohl zwei Tote, wohl übel zugerichtet. Normal übrigens, in Krimis. Um die Zurichtung der Toten soll es auch nicht gehen. Sondern um die Zurichtung des Textes.

Den Ermittlern bietet sich ein schreckliches Bild. Klar! Wo? Am Tatort. Ja, Tatorte, das wissen wir aus dem Tatort (das musste sein, Entschuldigung!), sind oft Stätten von Grausamkeit. Mehr noch. Orte werden erst durch eine gewisse Grausamkeit des Besichtigten zu einem Tatort. Haben wir also die Frage nach dem Wo geklärt. Jetzt zum Wann.

Wann bietet sich den Ermittlern das Bild, das schreckliche? … als sie am Tatort eintreffen. Und nun frage ich Sie: Wann sonst? Ja, wann sonst? Vorm Eintreffen am Ort des Gemetzels kaum. 

Na, und, fragen Sie. 

Den Satz kann man streichen, jedenfalls den Zusatz mit dem Eintreffen. Ja, einfach streichen. Den Ermittlern bietet sich ein schreckliches Bild. Punkt. Der Nebensatz ist redundant, überflüssig. Aussagelos. Allenfalls noch: Am Tatort bietet sich den Ermittlern ein schreckliches Bild.

Sie denken, der ist zu streng. Ich sage: Nein. Das Beispiel sagt mir nur, dass Sie über Ihren Satz nicht wirklich nachgedacht haben. Oder: Sie haben eine der Hauptforderungen an Ihren Text und Ihre Arbeit nicht erfüllt: Kill your darlings! Nun, das ist zu hochgegriffen. Sie haben den Satz so hingeschrieben, das ist vollkommen nachvollziehbar. Dann haben Sie das ganze Werk mehrmals gelesen. Schon beim Schreiben haben Sie diesen Absatz mehrmals gelesen. Und dennoch ist er im Manuskript.

Profis* filtern Ihnen solche Sätze heraus. Agenten und Verlagsleute greifen sich solche Sätze – wenn sie sich denn im Manuskript öfter auftauchen – als Zeichen dafür heraus, dass Sie Gelegenheitsschreiber sind. Solche Sätze sind Lackmuspapier (meinen Dank an Thomas „The Chemical Man“ Herzberg!) für die Erkenntnis: Na, da sollte die Autorin, noch mal ran!

Ich gebe zu, ich bin jetzt streng. Ich sage ja auch, dass eine Häufung dieser Redundanzen ein Zeichen ist. Ich will Sie hinstoßen auf solche Nebensätze, auf Einschübe, auf Satzteilchen, auch auf ganze Sätze oder auf Relativsätze wie Die Wiese, die er sah, machte auf ihn einen verlotterten Eindruck. Streichen Sie … die er sah …, und der Satz ist was? Viel besser!

Um so etwas – und viele weitere Klein- und Großigkeiten beim Schreiben – wird es in dem Workshop gehen. Um Anzeichen, die Ihnen bei der Überarbeitung helfen, Ihren Text besser zu machen. Und ja, einen Text zu verschlanken ist immer besser, als ihn mit einem Blähbauch herumirren zu lassen. Kann ein Text einen Blähbauch haben? Sehen Sie … schon denken Sie nach über das Geschriebene.

Weiter oben habe ich das Wort Profis mit einem * versehen. Ich habe den Satz mit dem schrecklichen Bild am Tatort auch erst beim zweiten Lesen des Textes moniert. Beim ersten ist er mir durchgerutscht.

Ist schon vertrackt manchmal. Aber was sagte Wolf Schneider? Einer muss sich quälen, entweder der Schreiber oder der Leser.

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Workshop-Fakten: 28. Januar 2017, ganztägig in München, maximal sieben Autoren. Klicken Sie hier für weitere Informationen. Teil eins der kleinen Reihe mit Hinweisen auf den Workshop finden Sie hier. Teil drei – hier klicken.