In dieser Woche werde ich mich befassen mit fünf wichtigen Aspekten der Arbeit von Autoren – aus der Sicht des Lektors. Was sind die allerauffälligsten Auffälligkeiten? Wenn Sie dazu Ihre Meinung sagen wollen, rutschen Sie bitte auf die Seite ω Autoren-Knowhow bei Facebook. Heute: das Manuskript auf den ersten Blick.

Sie, Autor, Sie! Halten Sie Ihr Ding sauber … Ihr Manuskript. Jeder professionelle Erstleser, sei es ein Verlagsmensch oder ein von Ihnen bezahlter Lektor, möchte Ahhhhhhh! sagen können, wenn er Ihr Werk zum ersten Mal öffnet. Denkt er Oh, mein Gott! … haben Sie zumindest den Verlagsmenschen schon verloren. Er denkt Oh, mein Gott! und dann Wird nichts … Papierkorb! Und da können Sie noch so gut sein.

Er denkt Oh, mein Gott!, wenn Sie es nicht schaffen, auf den ersten Blick zu signalisieren, dass Sie sauber gearbeitet haben. Und sauber heißt …

  • Die Abstände von Kapitelüberschrift zum Text sind immer gleich
  • Kapitel haben Namen oder auch nicht. Einerlei, Hauptsache stringent
  • Kapitel beginnen auf einer neuen Seite oder auch nicht. Einerlei, Hauptsache stringent
  • Es sind auf den ersten Blick Absätze erkennbar
  • Es ist auf den ersten Blick erkennbar, dass immer dieselbe Anführungszeichen-Art eingesetzt wurde
  • Es ist erkennbar, dass der Autor sich Gedanken gemacht hat über die Verwendung von Restaurantnamen, Gedanken, Rückblenden (Anführungszeichen, kursiv, fett oder Ähnliches)

Sie halten das für arg technokratisch, Sie denken sofort: Was will der? Es kommt doch auf den Text an, auf die Fantasie, auf meine kreative Leistung, auf mein Werk.

Natürlich, das ist Ihnen unbenommen. Die Gegenthese indes lautet: Wer sein Manuskript nicht im Griff hat, wer einfach so drauflos schreibt, hat sich über die Struktur seines Werks oder die Technik einer Ordnung im Werk keinen Gedanken gemacht. Wer ein Manuskript abschickt, das text.docx heißt, kann sich keinen Gedanken gemacht haben über eine Ordnung seiner Arbeit. Und ohne diese Ordnung – steile These!, ich weiß – ist das Ganze nichts.

Noch deutlicher und sehr verallgemeinernd: Je sauberer der erste Eindruck von einem Manuskript, desto besser das ganze Werk. Stimmt nicht, sagen Sie? Ich behaupte das aus der Besichtigung von rund einhundertfünfzig bis zweihundert Manuskripten.

Und Sie sehen schon: Rechtschreibfehler sind mir wuppe. Tauchen auffällig viele auf, muss ich als Lektor mehr Tastengriffe machen als bei anderen, spürt der Autor das am Preis pro Seite. Aber ein Werk mit auffällig vielen Kommafehlern muss kein schlechtes sein. Die sind bügelbar. Mangelnde Struktur kriegen Sie nie wieder raus.

Das Bildchen, das Sie hier sehen, ist ein Beispiel eines Autors, der die Form nicht beherrscht. Das Werk wurde dann auch beim Probe-Lesen nicht besser. Der Inhalt folgt der Form – sehr, sehr oft.