In dieser Woche werde ich mich befassen mit fünf wichtigen Aspekten der Arbeit von Autoren – aus der Sicht des Lektors. Was sind die allerauffälligsten Auffälligkeiten? Wenn Sie dazu Ihre Meinung sagen wollen, rutschen Sie bitte auf die Seite ω Autoren-Knowhow bei Facebook. Gestern ging es um die die äußere Ordnung im Manuskript.
Heute: der Abgang einer wörtlichen Rede

Sie lassen Ihren Helden etwas sagen. Sagen wir mal, er sagt zu Eleonore: Ich liebe dich. Also schreiben Sie: „Ich liebe dich“, sagte Hans. Das ist vollkommen in Ordnung. Sie können dieses … sagte Hans … auch weglassen, wenn Eleonore und ihr Anbeter in einem herzergreifenden Dialog sind und offensichtlich ist, wer etwas sagt, etwa so …

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Du hast mich jahrelang betrogen mit Tussi „Tusnelda“ Tuschewski, brüllte Eleonore.

Glatte Lüge, das war nicht ich,  das war mein Zwillingsbruder, sagte Hans.

Du lügst!

Nein, du siehst das falsch, du hast es immer falsch gesehen.

Ach, hör doch auf!

Ich liebe dich.

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Sie sehen, hier ist vollkommen klar, wer was sagt. Diese Sätzlein nach oder vor einem Wörtliche-Rede-Fetzen sind völlig überflüssig. Ja, sie hemmen den Lesefluss. Abgesehen davon werden sie Inquits genannt. Es gibt kein gutes Argument gegen diese Inquits …

… solange sie nicht mehr tun, als mit den Verben das Sagens und Meinens und Antworten (brüllen, schreien, wiederholen, erwidern, ausstoßen, antworten, flüstern, meinen und andere) den Menschen zu markieren, der etwas sagt.

Wenn Sie aber in diesen Nachgang zur wörtlichen Rede noch eine weitere Information einbauen, schreiben Sie – ich übertreibe, um es deutlich zu sagen – verhaltensauffällig. Ich beispiele mal …

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Du bist die doofste Kuh auf der ganzen Weide, machte er seinen Unwillen über ihr Muh-Verhalten, das ihm schon seit Jahren gewaltig auf die Hörner ging und zu mannigfachen Zerwürfnissen geführt hatte, klar.

Ich will heute Abend nicht wieder diesen Dschungelcamp-Quatsch sehen, stieß sie seine Planung für die Nach-Essens-Zeit um.

Bring noch Butter aus dem Kühlschrank!, rieb sie ihn seine mangelhafte Abendtischdeckung vor dem Dschungelcamp unter die Nase.

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In allen drei – frisch erfundenen – Beispielen zeigt der Autor, dass er der Wörtlichkeit, die er ja selbst kreiert hat, nicht vertraut. Er sagt dem Lektor, dem Verlag und dem Leser: So ganz knackig war der Satz ja nicht, und weil ich mir als Autorin misstraue, mache ich noch mal deutlich, was genau die wörtliche Rede beinhaltet. Sie als Schreiber sagen damit, dass Sie über die Bedeutung von wörtlicher Rede nicht genug nachgedacht haben.
 
Mehr noch: Weil Sie die Information in einen angehängten Satz verstecken, zeigen Sie Ihre eigene Unsicherheit. Und Ihre Faulheit, Sie! Sie sagen auch: Ich hänge ich das mal eben so an und meine damit, meine Geschichte voranzutreiben.
 
Einer der übelsten Inquits folgt diesen Schema: „Ich bin dann mal weg, hastete er aus der Tür.“ In diesem Beispiel erklären Sie nicht – Sie sind schon im nächsten Handlungsstrang. Diesen mangelnden Respekt hat eine wörtliche Rede nicht verdient.
 
Und noch mehr: Anstatt Ihre Figuren reden und aus sich heraus zu leuchten zu lassen, behaupten Sie etwas. Und das, was Sie behaupten, kennt der Leser schon – oder Sie überraschen ihn im Nebensatz.
 
Haupt- und Nebensatz? „Mit diesem Phänomen befasse ich mich morgen, mit Haupt- und Nebensatz“, kündigte der Schreiber dieser Zeilen an, was er morgen in diesem Fünfteiler als Drittes zu mahnen gedenke, hoffend, mit dieser Aussicht, die Erwartung und die Spannung zu halten. —– Sehen Sie live und in Farbe zu, wie sich des Lektors Fußnägel gen Knie zu biegen beginnen!
 
Auf das Beispiel im Bildchen bezogen bedeutet das: Jemand findet den Namen hübsch. Punkt. Dass er damit auch Vertrauen gewinnen will, ist eine andere Sache. Wenn sie wichtig ist, diese andere Sache, gehört sie in einen neuen Satz, etwa so: „…eigentlich recht hübsch.“ Ihm lag vieles daran, ihr Vertrauen zu gewinnen.