Dieses Buch ist drastisch. Sprachlich gesehen. Empfindsame Gemüter sollten weglesen. Oder überlesen. Einer der Protagonisten hält Frauen ausschließlich für Lustobjekte – er hat’s vom Vater. Einer macht sich einen Spaß daraus, Frauen zu quälen, bevor er sie auf mieseste Art und Weise entsorgt – zeremoniell natürlich. Andere Protagonisten stehen dem in nichts nach. Moral ist andernorts oder bei anderen. Starker Tobak!

Der Protagonist ist Professor an der Uni für Sozialwissenschaften; Autor ωWinter ist übrigens Wissenschaftler. Der Prof macht den meist weiblichen Studenten klar, auf was sie sich in ihrem Beruf einlassen: auf Dreck, auf Abschaum. Er macht es – wie könnte es bei Winter anders sein? – drastisch, mit Bildern, Zitaten, zerrütteten Existenzen, Drogen, Gewalt, Mord. Der Protagonist führt ein normales Leben. Mit Frau, ebenfalls Wissenschaftlerin, mit Tochter, sechzehn Jahre alt, immer mit einem Bein vor der Gosse, wie es ihr Vater bezeichnen würde. Fürs Töchterchen ist es der stinknormale Alltag 2017 in Deutschland.

Der Protagonist kommt aus guten Haus. Stinkereich. Aber stimmt das alles, ist das so? Ist die Familie von reinem Blut, kann man sich darauf berufen, seit Generationen die Speerspitze der Gesellschaft zu repräsentieren, wenn schon der Vater jeder Angestellten nachstellte aufs Frauenfeindlichste?

Sie sehen schon, sonnige Gemüter haben in diesem Buch nichts verloren. Da ist nichts sonnig. Da herrscht Abgrund. Und nun fragen Sie sich, ob der Protagonist von der Uni und der Protagonist aus gutem Haus ein und dieselbe Person sind. Ich sag’s Ihnen nicht. Sie sollten sich das Vergnügen selbst machen.

Todesrot, das erste Buch von Jannik Winter (ω Link zur Person auf dieser Seite) wühlt den Leser auf. Es ist ungeheuer spannend. Sie wissen über weite Strecken nicht, wo Sie sind. Dazu kommt die rotzige Ausdrucksweise von Winter, bei sehr genauer Beobachtung der sehr realen bundesdeutschen Verhältnisse. Und eine sehr überlegte, gut konstruierte Geschichte mit Blick in den Abgrund.

Und ja, ich habe TodesRot mit großer Freude lektoriert und kann es nur empfehlen. Sie sind neugierig geworden? Dann klicken Sie doch einfach ω hier zu Amazon.  Ein bemerkenswerter Erstling. Gibt es als Kindle-Edition und als Taschenbuch – und wenn Sie ins Bild klicken, sollten Sie ebenfalls Erfolg haben.